Europa : DIALOG mit ...
Emmy Werner
„Europa ist für mich Schutz, Hoffnung, Zukunft und ein Garant für ein Leben im Sinne der Aufklärung.“ (Emmy Werner)
Spritzig. Witzig. Selbstbewusst. Eben Emmy Werner. Die Schauspielerin, Regisseurin und langjährige Direktorin des Wiener Volkstheaters ist bekennender Fan eigener Worte und Texte. Die Situation in Europa ist arg, so Emmy Werner. Keiner weiss, wie`s weiter geht. Die Sorge ist der brillanten Künstlerin ins Gesicht geschrieben. Die Profis, die wir wählen, lesen und unterstützen, scheinen am Ende mit ihrem Latein. Es fehlt an Instanzen, mit den freiwilligen Helfern kommen wir nicht weiter. Die Sorge um die Aufklärung, die wir hinter uns haben scheint berechtigt. War alles umsonst? Im Gespräch mit Benedikt Weingartner gibt E. Werner einen tiefen Einblick in ihre Sorgen und Ängste betreffend der aktuellen Tendenzen. Sie muss die Herzen des Publikums nicht erst gewinnen. Sie spricht offen aus, was viele von uns denken.
Religionskrieg in Europa
Hoffnung ja. Aber sicher kein Garant. Werner bringt es schonungslos offen auf den Punkt, wir haben Probleme. Kein Mensch darf frieren, hungern oder leiden. Niemand hat auf dem Boden zu liegen, schon gar nicht Kinder, so ihre Prämisse. Es geht um Menschlichkeit, und die ist vielfach nur sehr bedingt erkennbar. Schurkenstaaten haben Hochsaison, die EU hätte es wissen müssen. Wir haben es schliesslich längst geahnt, die Verantwortlichen wirken hilflos. Dem Bösen wurde Tür und Tor geöffnet, Schutz ist nur bedingt erkennbar. Betretene Stille im Haus der Europäischen Union. Wenn Erdoğan gut drauf ist, nimmt er uns die Flüchtlinge ab. Wenn am Theater was daneben geht, ok. Aber in der Politik hat es meist fatale Folgen. Die Kritik an den Verantwortlichen ist kaum zu überhören.
Königin gesucht!
Emmy Werner vermisst Führung. 96 war das Jahr der vielen Wünsche, es braucht Kompetenz. Absolutismus wäre anzudenken, die Schauspielerin wirkt enttäuscht. Eine Königin wäre eine feine Sache. Kann Sie der Demokratie nichts abgewinnen? Es müssen einfach g`scheite Leute ran. Punktum, es braucht Persönlicheiten, die Verantwortung übernehmen. Die Merkel wankt, ist es Kalkül? Alle scheinen überrascht, dass immer mehr kommen, in Amerika, dort hinterm grossen Wasser, ist Platz genug für viele Menschen. Schliesslich haben die Amis das Desaster angezettelt, Werner zieht gnadenlos her über die Verantwortlichen und deren (Un)taten. Beschert uns die Evolution den Wutbürger? Europa scheint gelähmt, sie spricht von einer Union der Baustellen. Anständig sein hilft wenig, es ist Zeit zum Kämpfen. Die Führung, die es nicht gibt, macht Kopfweh. Resignation ist erkennbar, Werner vermisst Courage. Applaus.
Theater: Spiegel der Gesellschaft?
Es geht um Auslastung. Wäre Theater ein Spiegel der Gesellschaft, müsste man zusperren, die Leute wollen Unterhaltung. Rüffel für die synchronisierten Medien und furchtbare Shows, dem Wrabetz hätte sie einiges zu sagen, die Umstände machen Angst. Die Jugend ist zu unbekümmert, eine europäische Schadenfreude steigt auf. Die Wahlergebnisse sollten zu denken geben. Facebook, Twitter und Co ernten den Titel „Ursünde“, sie hat sich ausgeklinkt, will von Hasspredigern nichts wissen. Der virtuelle Mensch hat keine Zukunft. Der Begriff „Verblödung“ hängt in der Luft. Wo bleiben die Werte? Ist die Kultur Europas in Gefahr? E. Werner selbst wollte eigentlich gar nicht zur Wahl, sie musste erstmals „Rot“ wählen, doch das darf nicht zur Gewohnheit werden.
Wo bleiben die Revoluzzer?
Studenten haben ein ruhiges Leben. Studieren. Essen. Schlafen. Dann Familie und Häuschen. Wo sind die Zeiten geselliger Runden und schräger Streiche? Die Bildungspolitik züchtet intellektuelle Marionetten, könnte man meinen, da bleibt keine Zeit für die Revolte. Es fehlt der zündende Funke, so ihre mahnenden Worte. Der dieser könnte ganz unvorhersehbar wie aus dem Nichts auftauchen, und das wäre gar nicht gut. Frei nach Nestroy „Die Welt steht nimma lang“ scheint es bergab zu gehen mit uns Menschen, unendlich schnell bergab. Wir leben schon lange am Abgrund zur Katastrophe. Scheinsicherheit könnte das Wort das Jahres werden, gleich nach Scheindemokratie. Die Erwartungen waren zu hoch, der Euro vielleicht ein Fehler. Resignation macht sich breit. Menschen ohne Arbeit haben keine Perspektive, und das bringt viele Probleme für die Gesellschaft. Da sind VW und unsere Hypo sichtlich kleine Nummern.
Quotenallergie
Frauenquoten haben es in sich. Frauen an der Macht, das wäre die Idylle? – Individueller Feminismus ist des Rätsels Lösung, die illustren Vorstadtweiber haben Standing Ovations eingefahren, zumindest im Theater. Waffenlieferanten sind Unmenschen, Politiker auch. In der Politik hätte Werner keine Chance, mangels Integrierbarkeit. Überall wäre sie rausgeflogen, sie hat ihren eigenen Kopf. Und das ist gut so. Überhaupt, die Rolle der Frau ist eine essentielle Frage. Kompromisse und Winkelzüge lehnt sie ab, den Gerhard Schröder mag sie nicht, mitsamt seiner Agenda. Immerhin, sie hat eine Theatertruppe zusammen geschweisst, das kann sie wirklich. Man muss sich auch mal wehren dürfen.
Realitätsverweigerung gilt nicht!
Politische 10-Jahresperspektiven sind jetzt zu entwickeln, fordert Werner. Die Wohlfühlgespräche der braven Wrabetz-Truppe sind ihr zuwider. Das könnte die Erklärung dafür sein, dass der ORF sie nicht als Moderatorin wollte. Sie würde die Leute an die Kantare nehmen. Die Marx-Brothers könnten Vorbild für unsere Verantwortlichen sein, es gibt zu wenig Träume und Visionen, Parteien sind furchtbar, ohne geht es nicht. Der obligate Postenschacher bringt keine greifbaren Lösungen. Verschaukeln spielt`s nicht. Verkleinern wäre eine feine Sache. Speziell in Sachen EU. Und wenn wir alle ausschliessen aus der ehrenwerten Runde, angefangen mit den Engländern, stehen wir alleine da. Emmy Werner spricht den Herren reichlich Mut zu. Sie schreibt gerade an einer Standpauke für Brüssel. Das wird ein Bestseller!
Text: Thomas Winkler Fotos: Europäische Kommission / Moni Fellner
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