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Europa : DIALOG mit ...
Martin Grubinger
„Europa ist für mich …“ (M. Grubinger)
Schlagzeuger. Multi-Percussionist. Künstler. Und begeisterter Europäer. Beim Song Contest hat Martin Grubinger mit seinem rekordverdächtigen Trommelwirbel prägnante akustische Spuren gelegt. Im Haus der Europäischen Union geht er es etwas ruhiger an. Multitalent Grubinger erörtert im Dialog mit Benedikt Weingartner seine Position zu Europa. Um es vorweg zu nehmen: Seine Begeisterung für das Friedensprojekt Europa ist ansteckend, die gelebte Motivation geeignet, alle aufkommenden Gewitterwolken aufzulösen. Ist der europäische Gedanke bei Musikern stärker ausgeprägt als bei uns Normalos?
Europa: Ein echter Zauber
Die EU ist etwas Besonderes. So Grubinger. Die Chancen sind genial, speziell für Musiker. Wir bräuchten, so Grubinger weiter, die Vereinigten Staaten von Europa. Kein anderes politisches Projekt hat so viele Errungenschaften wie die EU hervorgebracht. Soziale Standards, Geschichte, und ganz speziell die Musik: Wir sitzen auf einem Schatz. Den müssen wir heben, das Selbstbewusstsein ist berechtigt. Als flammender Europäer ist Grubinger verwundert, dass es speziell in Österreich viele Gegner der Union gibt, es fehlt an Emotion. Ein Projekt wie Europa braucht Leidenschaft, und diese fehlt. Selbst bei der Führungsriege. Anders in der Musik. Ob Klassik oder Pop: Schlagzeug, Bass und Cello kommen ebenso wie die Geigen aus zumeist sehr unterschiedlichen Regionen. Musizieren bedeutet Leidenschaft, Vielfalt und Harmonie. Beethoven war Europäer, der Strauss übrigens auch. Und sie spielten und komponierten mit Leidenschaft.
„Spirit of Europa“
Das Problem, sich nicht verstanden zu fühlen, hemmt die Entwicklung. Es fehlt an finanziellen Mitteln für die Kunst. Tolle Locations wie in Spanien bleiben ungenutzt, die bereits traditionelle Austernitätspolitik der Falschheit, so Grubinger, hat in eine Sackgasse geführt. Nationalismen sind ein gravierendes Hindernis für die weitere Entwicklung Europas, ebenso wie Ängste. Es gibt entschieden zu viel Pessimismus im Land. Medien schüren Anti-Europäismen, es fehlt ein klares Programm. Es braucht unrealistische Ideen und Visionen, um voran zu kommen. Grubinger vermisst Solidarität. Die Kritik am System könnte deutlicher nicht ausfallen.
Raus mit den Briten?!
Menschenrechte. Pressefreiheit. Meinungsfreiheit. Die Errungenschaften sind nicht zu übersehen. Doch irgendwie scheint Grubinger die Briten nicht so recht zu wollen, ähnlich wie bereits der Schröder, der mit den teils exzentrischen Vorstellungen der Inselbewohner nichts anzufangen wusste. Ob Brandt oder Schmidt, die ideologische Linie der Nachbarn scheint dem Ausnahmekünstler zu gefallen. Nur den Kohl wärmt er nicht auf, den lässt links liegen. Hierzulande fehlt`s sichtlich an Glaubwürdigkeit, die Kleinstaatlerei ist einfach keine Lösung. Ob das am Format einzelner Elemente liegt, darüber will sich Grubinger nicht so recht äussern, die Kritik an der europäischen Spitze fällt sehr vorsichtig aus, dort bräuchte es einen Dirigenten mit Visionen und Charakter. Ein Präsident braucht Breite im Denken, sonst fehlt es an Glaubwürdigkeit. Die Briefkast`lpartie in Luxemburg ist noch lange nicht vergessen, Egoismen und traditionelle Ränkespiele nagen am Vertrauen. Auch die heimische Regierung könnte einiges beitragen, Resignation macht sich bemerkbar. Es braucht Leute, die das letzte Hemd geben, um die Ziele zu erreichen. Grubinger wirkt kompromisslos, irgendwie scheint er mit den aktuellen Umständen nicht so ganz einverstanden zu sein. |





