Europa : DIALOG mit ...
Oscar Bronner
„Europa ist für mich das wichtigste Projekt meiner Generation, derzeit leider in Gefahr.“ (Oscar Bronner)
Europa ist mehr als ESM, Binnenmarkt, Griechenland und Eurozone. Das vielfach vergessene Schlüsselwort lautet Kultur. Einheit und zugleich eine verbindende Vielfalt, aber auch Meinungsfreiheit und die nicht immer übliche Pressefreiheit: Das sind die vielen und sehr charakteristischen Facetten des Projekts Europa, welches einer ganzen Reihe von Generationen neue Perspektiven und Chancen eröffnet. Alleine die Pressefreiheit ist ein europäischer Wert, der um jeden Preis zu verteidigen ist. Die einleitenden Worte von Johann Sollgruber, Interimistischer Leiter der Europäischen Kommission, könnten treffender nicht sein. Gerade die viel zu alltäglichen Werte und Errungenschaften erfahren zumeist nur sehr wenig Aufmerksamkeit, Dinge werden einfach hingenommen.
Kunst, Kultur … Meinungsfreiheit
Der Medienmacher und Künstler Oscar Bronner unterstreicht in seinem Statement die Vielfalt der europäischen Kunst- und Kulturszene. Paris, Mailand, London – der Streifzug durch die Szene bietet reichlich Abwechslung. Die schier unendliche Vielfalt ist wohl einzigartig, zumal aus seiner Perspektive gerade auch Themen wie Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung dazu zählen. Der Begriff Kultur wird viel zu oft mit Füssen getreten. Bei genauer Betrachtung treten zudem die teils sehr unterschiedlichen Wertvorstellungen der Gesellschaft zutage: Klassik oder Renaissance in Europa versus Hollywood – es braucht Lernbereitschaft auf beiden Seiten, um das Kulturverständnis zu festigen. Und natürlich eine angemessene Portion Toleranz und Offenheit.
Der Wert eines Menschenlebens
Die bewegte und nicht immer sonderlich rühmliche Geschichte ist geprägt von langen, dunklen Schatten. Kriege, Sklavenhandel, Menschenrechtsverletzungen und skurrile politische Visionen teils sehr egozentrischer Schlüsselfiguren und deren Mitläufer lassen erkennen, dass der Wert des Lebens vielfach dem Zweck geopfert wurde, kaschieren gilt nicht. Die Ereignisse im Nahen Osten sind nicht neu, doch wo bleibt die Relativität? Nur schonungslose Offenheit und die Veröffentlichung der Ganzheit, ganz ohne Beschönigung, kann Klarheit bringen. Um Geschichte zu lernen braucht es Information. Es wäre angebracht die Menschheit für Geschichte zu begeistern, um ähnliche Szenarien wie in er Vergangenheit zu vermeiden. Es braucht Verständnis.
Alles Zufall?
Zufälle haben Schicksale geprägt. Wer wo gelandet ist, ist reiner Zufall. Bronner weiss, wovon er spricht. Väterlicherseits mit jüdischem Hintergrund versehen, ist die Bewältigung der Geschichte und deren Grausamkeiten Pflicht. Es geht darum, den eigenen Wurzeln näher zu kommen um die entsprechende Identität zu finden. So hat er erst nach einer ganzen Weile in New York erkannt, dass er eigentlich Europäer ist. Es hilft, Briefe zu schreiben, um das „Wo-Anders“ in seiner ganzen Tragweite zu erfassen: „Austria“ und Australien konkurrieren aufs Heftigste, Donauwalzer versus Känguru stehen in krassem Kontrast und wecken Assoziationen. Es geht um eine grundlegende Erkenntnis. Die Community zuhause, Umfeld und Heimat sind geeignet, Klarheit zu schaffen. Wir sind unterwegs nach Europa, aber noch lange nicht angekommen. Identität kommt nicht von ungefähr.
Politik: Reine Personalsache
In der Union brodelt es. Grossbritannien scheint am Absprung zu stehen, Gewalt in Frankreich. Dazu Griechenlands Schulden, Ungarn gilt bereits als eigenes Kapitel: Kein Wunder, dass Antieuropäische Parteien regen Zulauf verzeichnen. Europakritische Gruppierungen zeigen verstärkt Aktivitäten, die bislang traditionelle Szenerie entwickelt seltsame Züge und liefert berechtigten Grund zur Sorge, besser: Eklatante Probleme verdunkeln den ohnehin trüben Horizont, mit anderem Personal wäre es besser. Was interessante Staatsmänner betrifft, zumindest in Österreich, so sind die meisten bereits tot, Lebendige könnten sich profilieren. Der ohnehin spritzige und schonungslos offene Dialog Bronner / Weingartner gewinnt an Dynamik, die Spannung überträgt sich auf das Publikum. Bronner kann`s nicht lassen, er berichtet über Techniker, die an der Macht sind und dem sichtbaren personellen Vakuum. Wer schickt wen nach Brüssel, wir sind weit davon entfernt, die Oberliga zu bemühen, die Konservativen spielen der Opposition eifrig in die Hände. Rechts jubelt. Randgruppen sind im Aufwind. Nicht alles ist so, wie es sein sollte. Vielleicht könnte höhere Gagen für die Politik Besserung bringen? – In der Wirtschaft jedenfalls werden bessere Saläre bezahlt, so Bronner. Dazu die latenten Rufe nach Transparenz. Politiker haben´s nicht leicht, zumal diese als Spiegel der Gesellschaft herhalten müssen.
Let`s do it!
Die Gesellschaft braucht mutige Leute. Oscar Bronner hat mehrfach mächtig Glück gehabt, einige Male war es doch sehr eng. Profil, Trend und Standard in Print und Online sind dreieinhalb Gründungen, wie er lachend berichtet. Dabei erkennt der Zeitungsmacher sehr seltsame Berufsbilder, denen er sichtlich nur wenig abgewinnen kann. Pension als Einheitsziel ist zu wenig, es fehlt an Fantasie. Zu viele wohlmeinende Menschen und besorgte Berater lassen bunte Visionen bis hin zur Farblosigkeit erblassen, die erhoffte Innovation bleibt in der Schublade. Dazu die vertrackte Subventionspolitik, gerade auch bei Medien. Zeitungen wissen, wo Dankbarkeit angesagt ist, Informationen bleiben auf der Strecke oder werden bis zur Unendlichkeit gebeugt und gestreckt. Die Medien kriegen mächtig eins ab. Es sind irre Gelder im Spiel, gerade von öffentlichen Stellen. Und damit sind wir wieder bei der Politik. Gemeint sind die Trophäenjäger in Brüssel. Es scheint ein beliebter Modesport der Volksvertreter zu sein, dort Dinge zu beschliessen, um sich zuhause genau darüber aufzuregen. Schuld sind „die da oben - in Brüssel“. Ehrlichkeit bleibt auf der Strecke. Es hagelt Kritik, das Publikum applaudiert. Oscar Bronner hat ohne Umschweife es auf den Punkt gebracht. Text: Thomas Winkler Fotos: © Europäische Kommission |