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Andreas Lieb

 

 

Europa : DIALOG mit …

Andreas Lieb

 

Moderation: Benedikt Weingartner

 

„Europa ist für mich wie Rubik`s Cube, der Zauberwürfel: Aussen ein schwer zu lösendes Durcheinander, innen unsichtbare, stabile Achsen.“ (A. Lieb)

 

Andreas Lieb - Benedikt Weinagartner

 

Brexit. Der Brüssel-Korrespondent der „Kleinen Zeitung“ schildert Hintergründe und Fakten, die im Mainstream untergehen. Das Team der Kommission hat eine sportliche Vorgabe: Bis Ende 2020 sollen die elementaren Themen rund um den Brexit ausgehandelt werden. Das wird knapp. Boris Johnson wiederum hat bis Mitte des Jahres Zeit, um bei Bedarf um Verlängerung zu bitten. Der 31. Jänner gilt als fixiertes Austrittsdatum. Auch wenn es keiner mehr hören kann, wird uns der Brexit noch einige Zeit beschäftigen.

 

Andreas Lieb, Journalist

 

Verwirrungen und Verirrungen

 

Viele Briten denken, mit dem Austritt ist alles vorbei. Pustekuchen! Ob die Idee von Boris Johnson gut ist ein Programm, das reell rund 10 Jahre braucht in nur 10 Monaten abzubiegen, wird sich weisen. Es droht das grosse Nichts, ein Vakuum rund um das Königreich. Spätestens November müssen die neuen Vereinbarungen auf Schiene sein, es geht um rund 600 heikle Einzelthemen, wie das Miteinander UK – Europa fortan ablaufen soll. Der Deal umfasst 585 Seiten. Dabei wird nur geregelt, was zu klären ist. Von der Umsetzung der Bedingung sind wir meilenweit entfernt. Dazu 36 Seiten politische Visionen. Soll heissen: Mehr als ein Manuskript gibt es bislang nicht, jetzt geht es ans Eingemachte.

 

Andreas Lieb - "Die kleine Zeitung" - Auslandskorrespondent, Büro Brüssel

 

Es drohen neue Konflikte

 

Irland ist ein heisses Pflaster. Die Konflikte der Vergangenheit hängen wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Bürger, die blutigen Strassenkämpfe sind noch lange nicht vergessen. Das Karfreitagsabkommen zu gefährden hätte verheerende Folgen. Dazu Schottland, das die Vorzüge Europas nicht missen möchte. Haben die Briten vergessen, welches Gewicht ihre Stimme in der EU hat? Die Diskussionen im britischen Unterhaus waren hitzig. Alles, nur kein harter Schnitt war die Devise. Doch dieser ist noch lange nicht vom Tisch. Scheitern die Verhandlungen war`s das. Es gibt viele Knackpunkte. Das wird spannend.

 

A. Lieb

 

Es droht Chaos

 

Hard-Brexit. No-Deal-Brexit. Etwas Chaos oder komplettes Katastrophenszenario. Experten machen keinen Hehl daraus, dass es eng wird für Boris Johnson. Gehen die Grenzbalken runter, droht Chaos. Das betrifft Medikamente ebenso wie den Flugverkehr, um nur einige Aspekte zu nennen. Vorab braucht es eine Prioritätenliste, um die unzähligen Teilbereich neu zu verhandeln. Dann geht`s ans eigentliche  Regelwerk. Um eine Vorstellung über die Dimension der Aufgaben zu liefern: Die Verträge zwischen der EU und der Schweiz werden ebenfalls neu ausgehandelt. Das umfasst 150 Einzelabkommen, die neu adaptiert werden müssen. Die Experten tagen und tagen. Beim Brexit ist es ähnlich, nur eben wesentlich heftiger. Entsprechend gespannt ist die Lage. Die EU zeigt Flagge.

 

Andreas Lieb

 

Balken runter?

 

Brisante Themen drängen in den Vordergrund: Datenaustausch in der Terrorbekämpfung müssen ebenso geklärt werden wie polizeiliche Zusammenarbeit. Dazu ganz banale Dinge des Alltags. Kein freier Warenverkehr ohne Personenverkehr. Dazu Fischfang und die Nordsee-Region. Europa braucht Handelswege. Die Aufgaben des Brexit-Ministeriums übernehmen jetzt Experten, was ja nicht schlecht ist. Die britischen Gewässer sind reich an Fischarten, die auf der Insel nicht gefragt sind, jedoch andernorts und somit massgeblich für den Export sind. Frischfisch muss in 24 Stunden am Ziel sein. Steckt der frisch gefangene Fisch im Zoll war`s das. Das grösste Problem für Boris Johnson ist Boris Johnson selbst. Er wird über seinen Schatten springen müssen. Ohne „Bitte“ zu sagen wird es nämlich heftig. Ein Kniefall wäre angebracht, ist zu vernehmen. Es braucht Demut. Wie er`s dann zuhause erklärt ist seine Sache. Der Hohn übrigens auch.  

 

Andreas Lieb - Benedikt Weingartner in Europa : DIALOG

 

Boris Johnson und die doppelte Buchhaltung

 

Die möglichen zwei Jahre Verlängerung werden wohl angebracht sein, um die Insel heile aus den Wirren zu führen. Auf dem MFR 21 – 27 lastet enormer Druck- Es geht ums Budget. Die Briten haben die Spitzenpositionen geräumt und sind bei wichtigen Treffen nicht dabei. Das ist ungeschickt, denn dadurch sind sie nicht am neuesten Informationsstand, was die Sache weiter kompliziert. Die Regierung übt sich in Sparsamkeit, was die Wahrheit betrifft. Das könnte ein böses Erwachen geben. Boris Johnson ist ein Spieler. Er zockt auf Teufel komm raus. Geht die Insel unter? Europa sitzt am längeren Ast! Wir der Brexit den MFR beeinflusst bleibt abzuwarten.

 

Andreas Lieb, Journalist, über den Brexit ...

 

Und die Auslandsbriten?

 

Spanien. Frankreich. Portugal. Viele Briten leben nicht zuhause. Und könnten sich schon bald als Bürger zweiter Klasse fühlen, die nur mehr geduldet sind. Das Rentenproblem ist zwar geklärt, es gibt viele Garantien. Doch halten diese? Der Zwist in der Zivilbevölkerung nimmt zu, polnische Handwerker und Kellner bekommen das bereits zu spüren. Österreich ist nur marginal betroffen, doch in London könnten die Heizungen kalt bleiben, mangels Fachkräften. Die Autoindustrie weiss sich zu helfen, andere Betriebe ebenfalls. Die Probleme haben die Briten.

 

A. Lieb

 

Abwanderung der Banken

 

Banken haben neue Spielplätze gefunden. Hongkong. Tokyo. Singapur. Oder Frankfurt. Einige sind in London geblieben. Als Finanzplatz ist London keineswegs gefährdet, auch wenn das Szenario merklich gewechselt hat. Die Briten werden es überleben. Was den MFR betrifft: Deutschland und Österreich wollen keinesfalls mehr bezahlen. Europa geht`s recht gut, sagen die Zahlen. Das bisschen Wachstum sollte reichen, die Gelder von der Insel halbwegs zu kompensieren. Doch der Green Deal kostet Geld.

 

Der Brexit hat erst angefangen!!! - Andreas Lieb über die Briten ...

 

Neuer Wind für Europa!

 

Mit neuer Führungsmannschaft ist Europa am Weg in eine neue Zukunft. Rund 60% der Abgeordneten im Europaparlament bringen frischen Wind in verstaubte Strukturen, neue Ziele wecken neue Hoffnungen. Polen hängt an Kohle und will Geld. Wer vorab investiert hat geht leer aus. Das Controlling wird wohl etwas konkreter werden, Vorgaben sind zu erfüllen. Bestehende Probleme brauchen neue Ansätze, das Thema Migration wird uns in weiterhin begleiten. Dublin 3 könnte der Durchbruch werden, wenn die Seenotrettung nicht so brisant wäre. NGOs arbeiten für Schlepper, so scheint es. Doch die Zahlen sprechen dagegen. Ein gemeinsames Asylsystem ist unerlässlich, es braucht klare Regeln. So wie jetzt kann es nicht weitergehen. Die Staaten übertrumpfen sich in Schuldzuweisungen. Das gibt Sprengstoff. Österreich hat eine sehr rigide Haltung eingenommen. Wir müssen die Aussengrenzen stärken. Doch das scheitert bislang an nationalen Egoismen.

 

Andreas Lieb und Benedikt Weingartner

 

Weg mit dem Prinzip der Einstimmigkeit!

 

Einmal mehr kommt diese Forderung ans Licht. Eine Verzettelung gilt als grösste Gefahr für Europa, so Andreas Lieb. Es gibt Möglichkeiten, das Einstimmigkeitsprinzip zu beenden. Doch leider, der politische Wille ist nicht gegeben. Nationale Egoismen hemmen den Fortschritt.

Der Brexit-Schaden für das Vereinigte Königreich ist schwer einzuordnen, Experten gehen von rund 6 Milliarden pro Quartal und vielen Umschichtungen aus, die derzeit kaum vorhersehbar sind. Wir brauchen Visionäre. Und etwas Geduld. 

Text & Fotos: Thomas Winkler