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Journalists` view ...

 

Europa : DIALOG plus mit …

 

Walter Hämmerle (Wiener Zeitung)

Nina Horaczek (Falter)

Eva Linsinger (Profil)

Hans-Peter Siebenhaar (Handelsblatt)

 

… moderiert von Benedikt Weingartner

 

Bei der EU-Wahl zuletzt ging es um die Wahl des transnationalen Parlaments. Die Beteiligung war erstaunlich hoch. Die Mehrheit der Bürger steht dem Projekt Europa positiv gegenüber. Doch irgendwie, so scheint es, schlagen nationale Elemente zusehends auf die europäische Ebene durch.  Die Turbulenzen in der Alpenrepublik schlagen durch bis nach Brüssel und haben viele Wähler zu „jetzt-erst-recht“ Handlungen animiert. Der Antipommes-Kurs jedenfalls gibt zu denken. Haben wir wirklich keine anderen Probleme?

 

Ibiza-Gate: Rückenwind für ÖVP

 

Innenpolitik und Europapolitik sind eng aneinander gebunden, wie auch das Wahlergebnis gezeigt hat. Die Pro-Europäischen Kräfte wurden gestärkt. Ibiza war einzigartig, so was gab`s noch nie am Kontinent, und es erstaunt, dass der harte Kern nicht schreiend davonrennt. Oder ist die Aversion gegen die Konservativen bereits so fortgeschritten, dass es so ausgegangen ist? Die SPÖ musste Federn lassen, während die FPÖ erstaunlich stabil blieb: Finstere Mächte dürften die Ursache sein, vielleicht waren es auch die bösen Journalisten. Es sind matte Gestalten und Akteure, die hilflos am Spielfeld agieren, Lichtgestalten: Fehlanzeige. Immerhin, die ÖVP hat die strategische Mobilisierung eingeleitet, und es sieht nicht schlecht aus.

 

Laiendarsteller und Reservespieler

 

Kaiser-Enkerl. TV-Ansagerin. Schauspieler und Reservespieler. Eva Linsinger bringt es am Punkt. Die Akteure wurden nicht unbedingt ernst genommen. Da waren zu viele Gockeln dabei, immerhin: Es standen Themen im Vordergrund, die übliche Wad`lbeisserei blieb uns erspart.  Nur: Wenn Strache sein Mandat wirklich wahrnimmt, das wäre gar nicht gut. Für ihn nicht. Und auch nicht für Österreich. Es wäre jedoch ein wohl einzigartiges Comeback. Das viele überhaupt nicht wollen. Gewinner sind die Grünen. Kogler hat ganze Arbeit geleistet und wird wohl noch einmal in den Ring steigen müssen. Für die Sozialdemokraten war es ein Trauerspiel. Übrigens auch die Tage darauf, die eben mal für Unverständnis gesorgt haben. Die Platzhirschen wurden zerlegt, während die Grünen am Weg zur neuen Volkspartei sind. So Siebenhaar. Die Krise der Granden ist hausgemacht, mit Wirtschaft alleine ist kein Hof zu machen, drum setzen alle auch auf Nachhaltigkeit, in welcher Form auch immer.

 

Politgarde ohne Strahlkraft

 

Auch Hämmerle stellt den Akteuren kein gutes Zeugnis aus. Schieder hatte genau so wenig Strahlkraft wie Vilimsky, er spricht von einer superdämlichen Strategie, die Worte sind nur wenig schmeichelhaft. Einigkeit am Podium. Es war ein Kampf gegen die GroKo. Die Szenerie wird bunter, das System komplexer. Und das ist eine Chance. Hinterzimmerdeals gehen sich nicht immer aus, das könnte mehr Transparenz bedeuten. Doch irgendwie braucht es Deals und vertrauensbildende Gespräche, ein vorsichtiges Abklopfen. Für neue Allianzen und Chancen.

 

Im stillen Kämmerchen …

 

Vertrauliche Gespräche sind vertraulich. Es ist bedenklich, dass um Posten geschachert wir. Doch vertrauliche Gespräche gehören dazu. Es geht um Machtausgleich. Wir wollen Transparenz. Besonders heikel ist die EZB. Kuhhandel um Top-Jobs. Das macht keinen guten Eindruck. Einmal mehr herrscht Einigkeit am Podium. Dabei kommt es nicht unbedingt auf eine Stimme an. Soll heissen: Wir zählen nichts. Es geht um vielmehr das Ganze. So Hämmerle. Das Burgenland ist das Chile Österreichs, so selbiger weiter. Vertrauen schaffen ist wichtig. Seit Ibiza ist nix mehr vertraulich. Nur die NEOS hatten einen klaren Ansatz. Und auch dieser hat keine Begeisterungsstürme hervorgebracht. Sind wir reif eigentlich für Europa?

 

Gefragt: Ziele und Visionen

 

Die Sorgen der Menschen drehen sich um ganz alltägliche Dinge. Job. Ehe. Kinder. Da bleibt wenig Spielraum für Visionen. Demokratie braucht Aufmerksamkeit. Es braucht volksnahe Politik um zu punkten. Die Grünen waren einmal eine Gruppe für Freaks. Heute sind sie am Weg zu einer neuen Volkspartei, mit durchaus vernünftigen Ansätzen und einer ebenso vernünftigen Leitfigur. Kogler strahlt Bodenständigkeit aus. Realitätsnähe. Klar. Offen. Solide ohne Allüren. Mit dem kann man auch auf ein Bier gehen. Er weiss, was ankommt und die Menschen bewegt. Entsprechend seine Themen. Volksnähe zählt. Er ist glaubwürdig. Uuups, genug der Lobhudelei. Sichtlich haben es die Anderen noch nicht verstanden. Die GroKo ist abgenutzt. Vielleicht ist das der Grund für den Erfolg der Grünen, so Siebenhaar. Zumindest ist es die neue Jugendpartei.

 

Europa der Chancen

 

Die Billiglohnzonen sind eine Chance. Wenn man es richtig angeht. Die EU ist in unseren Köpfen präsent. Die Prognosen sind jedoch sehr zaghaft und vorsichtig. Denn es braucht sichtlich Krisen, um voranzuschreiten. Eine Krise ein Schritt. Ohne Krise tut sich nichts. Autsch. Was braucht es, um endlich auf Kurs zu kommen?

Der Euro braucht mehr Stabilität, er muss sicherer werden. Reisen ohne Grenzbalken lautet ein weiteres Credo. Eben ein Freies Europa. Wir brauchen solide Aussengrenzen. Der Teufel steckt im Detail. Erasmus ist TOP. Die Wettbewerbsfähigkeit muss gestärkt werden, dazu die ökologische und soziale Komponente. Extremisten müssen ausgebremst werden. Es geht um Verantwortung. Und Menschenrechte. Da ist noch viel zu tun.

Text: Thomas Winkler