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Peter Fritz

 

 

Europa : DIALOG mit …

Peter Fritz

 

.. moderiert von Benedikt Weingartner

 

„Europa ist für mich das grösste Demokratie-Versuchslabor der Welt. Nicht alles funktioniert, aber man versucht es wenigstens.“ (P. Fritz)

 

Peter Fritz und Benedikt Weingartner in Europa : DIALOG

 

ORF-Legende. Brüssel-Insider. Buchautor. Peter Fritz ist in der Szene mindestens ebenso bekannt wie Kickerlegende Pele bei den Fussball-Fans. Bereits vor 3 Jahren hatten wir die Ehre, hier im Europa : DIALOG. Was also hat sich geändert in Brüssel? Zeit für ein Resumée also. Fünf Jahre Juncker haben Europa geprägt. Zugegeben, es war nicht immer einfach. Aber er hat es gut gemacht. Chapeau.

 

Peter Fritz - ORF Journalist in Europa : DIALOG über die Ärea Juncker

 

Highlights der Polykrise

 

100%ige Lösungen? Fehlanzeige. Finanzen. Eurokrise. Die Ukraine. Migration. Brexit. Und Trump. Die Periode war voller Überraschungen. Unvorhergesehenes hinter jeder Ecke. Das fordert permanentes Krisenmanagement. Teils wurde sehr gut agiert, vieles wurde hinausgeschoben, Geld zum Beispiel. Es wurde gedruckt, als gäbe es kein Morgen. Die Inflationsängste sind nicht eingetroffen. Da war der Juncker-Plan. „Weil es eh nix wird“. Als sich der Erfolg allen Unkenrufen zum Trotz einstelle, wurde sein Plan einfach umbenannt. Es gab reichlich Anekdoten und skurrile Momente. Beim NATO-Gipfel, als sich urplötzlich der Ischias verklemmt hatte und das Polit-Urgestein fast in die Knie zwang. Juncker lebt gerne gut. Raucht. Geht keinem Drink aus dem Weg. Stellt sich entschlossen allen Herausforderungen, und seien die auch noch so Hochprozentig, soll natürlich heissen: Knifflig. Undurchsichtig. Unerwartet. Epochal. Juncker küsst gerne. Und oft. Juncker ist Juncker. Ein Mann, der Europa geprägt hat.

 

Peter Fritz - Journalist

 

Strategische Investitionen

 

Die wirtschaftlichen Turbulenzen wurden gekonnt eingedämmt. Der Umgang mit der Migration jedoch ist weniger berühmt. Genau genommen: Das geht Brüssel nichts an. Es ist Ländersache. Brüssel kann nur koordinieren. Frontex ist ein unterstützender Dienst. Europas Aussengrenzen sind kaum zu verteidigen. Wer einmal drin ist, hat ein Recht auf ein ordentliches Verfahren. Schengen gilt als ungeliebtes Kind. An den Grenzen wird wieder kontrolliert. Die Freiheit wirkt angekratzt. Die Ausnahmen häufen sich. Der Kommission sind die Hände gebunden.

 

Peter Fritz - ORF Journalist. Spezialist für EU-Politik

 

Sonntagsreden ohne Ende

 

Die Kommission macht was zu tun ist. Hält Reden. Präsentiert. Macht Vorschläge. Perfekt. Das Thema Harmonisierung ist komplex. Beispiel Pensionssystem. Arbeiten, wo man will. Eine Anlaufstelle. Gemeinsame Arbeitslosenversicherung. Das verlangt nach neuen Berechnungsmodellen. Wir haben uns redlich bemüht. So Juncker. Immer wieder. Schade. Er hätte 10 Jahre früher in das Amt kommen müssen. Er war bereits über seinem Zenit. Aber mindestens so souverän wie schrullig. Die Symbolfigur musste einiges einstecken und viel schlucken: „Europa ist wie Sie. Alt und krank.“  Autsch. Das tut weh. Das hat er nicht verdient!

 

Peter Fritz

 

Guten Freunden gibt man ein Küsschen …

 

Der ebenso bekennende wie begeisterte „Stanglwirt“-Urlauber Juncker hat ein ausgesprochenes Faible für Österreich. Maria Theresia hat Kartoffeln nach Luxemburg gebracht! Juncker hat nicht nur ein sehr angenehmes Wesen, er ist ein begnadeter Rhetoriker mit einem feinen Sinn für Humor. „Wenn sich alle redlich bemühen würden, wäre alles besser.“ So seine mahnenden Worte. Der Kampf gegen den Nationalismus ist wichtig, für ein gemeinsames Europa. Das Denkmal wird in der Dimension zwischen Barroso und Delors. Das hat er verdient, auch wenn er nicht der grosse Visionär war. Er gilt als Schützer der Ideologie. Es ging einfach darum, den Laden zusammen zu halten. Was angesichts der ewigen Krisen keine leichte Aufgabe war. Griechenland wollte er unbedingt drinnen halten. Er war überall dabei. Maastricht. Die Rivalität mit Tusk war nicht zu übersehen. In der neuen Kommission geht es wesentlich nüchterner zu.

 

Peter Fritz

 

Von der Leyen: Erblich vorbelastet

 

Die Politik wurde Ursula von der Leyen förmlich in die Wiege gelegt, von väterlicher Seite. Sie hat alle Ämter unbeschadet überlebt. Digitalisierung. Klimawandel. Es geht mit deutscher Gründlichkeit zur Sache. Die Kommissäre sind eine vertrackte Sache. Es geht darum, 28 Personen eine sinnvolle Tätigkeit zuzuweisen. Natürlich, 15 Mann wären genug. Doch es geht um Gerechtigkeit. Schliesslich soll kein Land übergangen werden. Der Staat schickt einen Vertreter nach Brüssel. Punktum. Die Rechnung mit der Frauenquote, die ging allerdings nicht auf. Geprägt von diskreten Sondierungen und taktischen Zügen kommt die jeweilige Regierungsfraktion auf ihre Kosten, auch Orbans Erfüllungsgehilfe bekommt seine Chance. Es wird mit harten Bandagen gekämpft.

 

Peter Fritz

 

Hahn hat Finanzen im Griff

 

Johannes Hahn hat viel zu tun, die Finanzen sind eine undankbare Aufgabe. Aber extrem wichtig. Er tingelt von Stadt zu Stadt um für Brüssel zu sammeln. Die EU darf keine Schulden machen. Auf nationaler Ebene gehen von 100.- Euro rund 50.- an den Staat, aber nur 1.- Euro geht nach Brüssel. Ok, die Menge macht`s. Aber Brüssel muss sparen. Es geht um viel Geld. Der Brexit bringt Kürzungen mit sich. Der Agrarbereich hat Luft für Einsparungen. Eine CO2-Steuer schwebt im Raum, auch Kerosin und Schiffsdiesel könnten besteuert werden. Nur: Die Pötte können auch woanders tanken. Die Flieger haben es etwas schwerer, hier setzt das Gewicht enge Grenzen.

 

Peter Fritz in Europa : DIALOG: Die Ära Juncker ...

 

Sudernde Geizhals-Staaten und Fördertöpfe

 

Wie soll der Kuchen aufgeteilt werden? Geht es nach Fläche, kommen die Kleinen zum Handkuss. Denkbar wären Zuschüsse für Bergbauern, wegen des vermehrten Aufwands. Als Möglichkeit. Die Mega-Farmen mit industriellen Dimensionen jedenfalls kriegen reichlich ab. Der Agrarbereich ist sensibel. Dazu Forschung und Innovation. Kriegt der Bosch Geld, geht es nach Ungarn. Die Firmen schippern die Budgets nach Lust und Laune durch Europa, Oettinger strampelt sich in gewohnt ungelenker Manier ab. Das klingt nach Zoff. Das Budget ist, so Peter Fritz, das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm. Über ein Drittel ist für den Agrarbereich reserviert. Das geht nicht anders, damit vermeiden wir Abhängigkeit von Brasilien und anderen Ländern. Heimisches Obst ist mindestens so köstlich wie Avocados, Bananen und andere Exoten aus Südamerika. Dazu das Verteidigungsbudget und Rüstung. Das wird nicht einfach.

 

Peter Fritz über Brexit, Juncker und die Polykrise

 

Generationswechsel im Europäischen Parlament

 

Im Parlament gibt es diesmal reichlich neue Gesichter. Die Newcomer versprechen Dynamik, die alten Seilschaften sind am Verblassen. Sarah Wiener hat vom Herd ins Parlament gewechselt. Bio ist in. Auch Claudia Gamon ist sehr aktiv, es geht um gut vertretbare Positionen. Der dritte Machtblock ist eine feine Sache. Mit dem Brexit sind es 50 Abgeordnete weniger. Unsere Leute haben die Fachgebiete von zuhause mitgenommen, die Chefs der grossen Fraktionen entscheiden. Karas hat den audiovisuellen Bereich, es geht um Studioausstattung. Jeder hat seinen Schrebergarten. So Fritz.  Die Studios in Brüssel spielen alle Stücke. Inside-Brüssel Frontman Peter Fritz weiss, wovon  er spricht.

 

Peter Fritz und Benedikt Weingartner

  

Fragen über Fragen

 

Der Green Deal bringt Leben in die träge Meute. So jedenfalls scheint es. Wir wollen unsere Lebensstandards halten. Wir fliegen und fahren SUVs. Gemüse aus Spanien hat Tradition. Studieren in Europa ist eine feine Sache. Interrail boomt. Fritz hat ein paar Ratschläge mitgebracht. „Bleib so wie du bist“ für Juncker. Und von der Leyen möge einfach locker bleiben.

Europa braucht mehr Herzblut!

  

Text und Fotos: Thomas Winkler