Europa : DIALOG mit …Roland Adrowitzer
… moderiert von Benedikt Weingartner
Brexit. Morgens. Abends. Überall. Keiner kann es mehr hören, weder auf der Insel noch die Korrespondenten, die darüber berichten. Rein. Raus. Oder doch nicht. Vielleicht später. OK. Es wird nicht neu verhandelt. Boris Johnson musste gegen seinen Willen um eine neuerliche Verlängerung ansuchen. Wir verkneifen uns jeglichen Anflug von angebrachter Schadenfreude. Der Premier hatte mächtig Zoff wegen dem Irland-Deal. Im 3. Anlauf hat er Neuwahlen durchgebracht. Der 12. Dezember ist sein Tag im Unterhaus. Sein Deal ist schlechter als der von Theresa May. Wieder Hohn und Spott. Es kommt eine neue Zollgrenze, quer übers Wasser. Die Nord-Iren sind mit einem Fuss in der EU. Droht eine Wiedervereinigung der Insel? Es scheint, als hätte der Hitzkopf von Premier mehr Probleme geschaffen, als die Insel vertragen wird können.
Brexit: Epochale Fehlleistung der Politik!
Der reichlich ökonomische Umgang mit der Wahrheit hat Boris Johnson dorthin gebracht, wo er heute steht. Mit anderen Worten: Das politische System hat versagt. Jämmerlich. Und genau das macht es spannend. Der Boulevard hat draufgehauen, immerhin ist das Unterhaus das älteste Parlament. Die Briten haben die älteste Demokratie. Und wirken damit sehr unbeholfen. Der Sarkasmus ist wie Medizin. Die Insel ist zerrissen. Bravo. Ein zweites Referendum macht wenig Sinn. Der Schaden ist angerichtet, nur wusste damals niemand, worum es wirklich ging. Die Halbwahrheiten haben den Briten-Rabatt aufgefressen. Irgendjemand bezahlt die Rechnung. Aber wer?
Demütigungen ohne Ende
Theresa May hat sich abgerackert, Boris Johnson fährt die Früchte ein. Sie hatte die besseren Deals. Ihm klopfen alle auf die Schulter, dort in Brüssel. Die Kluft im Inselreich wird immer grösser. Hier London. Dort der Rest des Landes. Das Empire hat schon bessere Zeiten erlebt. Schluss mit lustig! Es scheint, als sei es ein reines Auflehnen gegen die Eliten und die Medien. Irgendwie erinnert es an die DDR. Der Afd ist dort am stärksten, wo es keine Feindbilder gibt. Wir assoziieren es mit deindustrialisierten Landstrichen ohne Arbeitsplätze und ohne Perspektiven für die Menschen die dort wohnen. Schottland gibt sich europäisch. Der Whisky ist köstlich. Um ein Referendum durchführen zu können, braucht es jedoch die Zustimmung von London. Zoff ist angesagt.
Politisches Desaster. Zukunft ungewiss!
Vorhersehbarkeit: Null. Planbarkeit: Null. Chancen: Ungewiss. Der Status der Insel gibt zu denken. Nigel Farage ist ein lustiger Kerl, die Uhr ist abgelaufen. In Irland droht Ungemach wie vor 30 Jahren. Protestanten versus Katholiken. Das klingt nicht gut. Die IAA gibt`s nicht mehr, die haben umdisponiert. Der Konflikt trifft rund 10% der Menschen. Die jedoch ziemlich heftig. Das Misstrauen ist gegenwärtig. Nein. Das sind keine Szenen aus einem schlechten Film. Das könnte sehr schnell Realität werden. Mitten im Friedensprojekt Europa. Ach ja. Die Briten wollen da nicht dabei sein. Sie wissen es ja besser. Oliver Cromwell lässt grüssen.
Böser Boulevard
Der britische Boulevard ist brutal. Gnadenlos wird angeprangert. Bild und Krone wirken dagegen wie harmlos Pfarrblätter. Etwas weniger Populismus wäre angebracht, doch sei es drum: Falls die Briten glauben, nach dem Brexit wird alles besser: Pustekuchen! Von wegen Milch und Honig mit Trump, der hat andere Sorgen. Österreichische Unternehmen beschäftigen auf der Insel 35.000 Menschen. Kommt es bei nicht-zertifizierten Teilen zu Problemen wegen den Einfuhrbeschränkungen wird`s problematisch in der Autoindustrie. Alles geht Just-in-time wegen der Lagerkosten. Dann die Medikamente. Viagra ist nur ein Problem. So gesehen ist der Wunsch, die Europa zu verlassen, ein Schock für die kultivierte Welt. Bei den neuen Wahlen ist das Gesundheitssystem im Vordergrund, um dieses es nicht sonderlich gut bestellt. Dann Migration. Ein weiteres Referendum wird es wohl nicht geben. Überhaupt: Es gibt viele Tabuthemen auf der Insel. Reden wir übers Wetter.
Commonwealth: Nostalgische Vereinigung
Roland Adrowitzer nennt die Dinge beim Namen. Die Briten sind definitiv keine Weltmacht. Die einzige Konstante ist die Queen. Irgendwer muss den Laden ja zusammen halten. Die Haltbarkeit der Windsors ist legendär, es braucht nur etwas Pflege. Und ein Glas Gin. Für die Berichterstattung sind Nachrichten vom Hof eine angenehme Abwechslung im grauen Alltag. Der Adel bringt Quoten. Der Adel prägt die Gesellschaft, doch hat die Queen keine inhaltliche Rolle in der Politik. Sie ist einfach Queen, das ist Anstrengung genug. Die bereits traditionelle Intrigenwirtschaft der Blau-Blüter kostet ohnehin den letzten Nerv. H.M. is not amused !
Grossbritannien: Isoliert und erschüttert
Für die Briten geht es mit dem Brexit um 45 Milliarden Euro. Es wird wohl Daumenschrauben brauchen, die schrulligen Insulaner zur Zahlung dieser Summe anzuhalten, freiwillig dürfte es kaum erfolgen. Dazu die Übergangsfristen Marke Zollunion, die letztlich in neue Beitrittsverhandlungen münden könnten. Bereits heute zittern alle vor einem harten Brexit, das wird kein Honiglecken. Der britische Kommissar ist vorerst reine Symbolfigur, mit dem erfolgten Brexit war`s das ohnehin, dann wir er wohl entsorgt. Was noch dazu kommt: Die Briten sind die schlechtesten Köche der Welt. Das ist den Worten Adrowitzers klar zu entnehmen, die Deutschen lobt er für die Autos, in einem sehr fiktiven Höllen-Szenario mit Franzosen, Briten und den Germanen. Die innerpolitischen Querelen auf der Insel lassen vermuten, dass die schrulligen Insulaner den Sinn des Friedensprojekts Europa nicht verstanden haben. Mit dem Brexit wird die Insel nicht gleich versinken. Fotos: Europa : DIALOG / Gabriel Alarcon Text: Thomas Winkler |