skip to content

Corinna Milborn

 

Europa : DIALOG mit ...

 

Corinna Milborn

 

Die Info-Chefin der Sendergruppe Pro 7. Sat 1. Puls 4. „Cafe Puls“ und „Puls 4 News“ im Gespräch mit Benedikt Weingartner. Die Diskussionssendung „Pro und Contra“ und der Club 2 geben der sympathischen Moderation zusätzliches Rüstzeug für den Europa: Dialog. Welche Bedeutung hat die Europäische Union für die österreichische Innenpolitik? Und wie gestaltet sich die Europapolitik der österreichischen Parteien? 

 

Corinna Milborn & Benedikt Weingartner in Europa : DIALOG

 

Österreichische Politiker vertreten in Wien andere Meinungen als in Brüssel. Mit diesem Statement  startet die neue Staffel der Gesprächsreihe des Europa-Dialogs im Haus der EU in die nächste spannende Runde. „Wir hier, die dort“ lässt eine Diskrepanz erkennen. Richtig, denn „die dort“ sind weit weg, in Brüssel, dort wo alle jene Entscheidungen getroffen werden, die Europa prägen. Die Kommission, der Rat. Und das Parlament. Genauer gesagt: Das Europaparlament. Und die Lobbyisten. Die vertreten die Konzerne. Und das macht das System Europa so komplex. Die Entscheidungsläufe sind entsprechend langwierig und nehmen vielfach zwei bis drei Jahre in Anspruch. Nichts wird dem Zufall überlassen. Nur: Die unzähligen aufkeimenden Probleme lassen wenig Zeit fürs Tagesgeschäft, die administrative Leitstelle Europas wird zusehends in die Rolle der obersten kontinentalen Spezialeinheit für dringende Löscharbeiten gedrängt, so die Botschaft zwischen den Zeilen.

 

Corinna Milborn im Haus der EU

 

Brüssel wird`s schon richten ….

 

Die Verschiebetaktik der heimischen Polit-Helden ist nur bedingt geeignet, so Milborn, Probleme zu lösen. Sich dafür einzusetzen, dass Dinge in Brüssel gelöst werden, ist einfach zu wenig. Ob Flüchtlingsfrage oder Finanzen, Gurkenkrümmung oder Umweltbelange: Die komplexen Abläufe erlauben wenig Spielraum, es braucht ein grundlegendes Umdenken, um die erforderliche Flexibilität zu bekommen und zugleich die nationale Komponente stärker berücksichtigen zu können. Krach ist vorprogrammiert, systembedingt, man kann`s nicht allen recht machen. Dazu kommt die undankbare Aufgabe aufwendiger fachspezifischer Leistungen, die für Aussenstehende kaum ersichtlich sind. Oberflächliche Medienarbeit leistet den Rest, und wieder ernten die „Buhmänner in Brüssel“ genau die Schelte, die eigentlich ganz jemand anderen zusteht. Medienarbeit kostet, und nur Konzerne und Organisationen haben Ausdauer genug, um einzelne Probleme  und Aspekte in aufwendigen Kampagnen zu thematisieren. Und das soll demokratisch sein?

 

Corinna Milborn

 

Hofer versus VdB versus Brüssel

 

Weltoffenheit hier, reichlich Kritik dort – der heimische Wahlkampf kam um das Thema Europa nicht rum. Es stellte sich sehr bald heraus, dass dieses recht brisant ist und Wählerstimmen bedeutet. Das „Contra“ erwies sich als fatal, das erkannten die Kandidaten recht bald, der patriotische Frühling in Wien hat einen bitteren Nachgeschmack verursacht, ohne EU können wir eben nicht. Das Parteiprogramm für ein „anderes Europa“ war die Folge, jetzt hat Österreich einen neuen Präsident.  Die vielfach befürchteten Neuwahlen wurden auch verschoben, man wollte sich eine weitere Blamage ersparen. So funktioniert Politik. Man ist sich einig, trotz unterschiedlichster Ansätze und Ideologien. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass eine pro-europäische Haltung keine Kritik erduldet, doch es kann nie schaden, die eine oder andere Errungenschaft zu hinterfragen.

 

Corinna Milborn

 

Brexit. Orban. Und noch mehr Flüchtlinge!

 

Wettbewerb und soziale Ansätze gehen Seite an Seite. Die Diskrepanz bei Löhnen sorgt für Zoff, jetzt gerät die Freizügigkeit für Arbeitnehmer unter Kritik: Es geht um Grundfreiheiten, um europäische Werte, und die lassen aufgrund punktueller Unstimmigkeiten Widersprüche erkennen. Vor-, zurück- und Querruderer könnten das Boot in gefährliche Schräglage versetzen, irgendwann fallen uns die Versäumnisse auf den Kopf. Die Situation ist absurd, eklatant ist der Sozialbereich. Fehlende Standards verursachen Spannungen, das krisengeschüttelte Projekt Europa erbebt. Schliesslich sind es die Polen, die den Brexit verursacht haben, so lernen wir, denn die nehmen den Briten die Jobs weg. Und die in vielen Ländern bevorstehenden Wahlen lassen Unwohlsein erkennen, Macht ist geil. Blöd nur, wenn man sie verliert … so jedenfalls die sehr freie Interpretation der Umstände.

 

Corinna Milborn

 

Europa verstehen?

 

Viele Europäer verstehen das System Europa nicht. Das liegt darin, dass es ihnen niemand erklärt hat, so die Meinung von C. Milborn. Die Politik hat es bislang nicht geschafft, die Medien auch nicht – warum wohl? Die Vision bleibt auf der Strecke, keines der Programme lässt europäische Perspektiven erkennen. Es geht um Wahlen, in erster Linie. Autsch. Da geht was schief, wir sind mitten in einer bewegten Umbruchsphase. Alles ist möglich. Ein dankbares Zusammenrücken ist derzeit ebenso denkbar wie ein tiefer Graben. Rechtsstaatlichkeit ist nur ein Aspekt, den Trump haben die Amis gewählt. Europa ist nicht die Welt, aber mitten drin. Und wir spielen mit.

 

Corinna Milborn über Europa ...

 

Solidarität für eine Vision!

 

Die neuen Mitgliedstaaten haben reichlich Geld bekommen, Gegenleistungen wären angebracht. Und etwas Loyalität. Der aufkommende Rechtspopulismus treibt die Politik vor sich her, es fehlen geeignete Konzepte. Bestechliche Grenzposten trüben das Bild, wegsehen kostet Geld, Korruption bedeutet Instabilität. Twitter und Co. stärken den Rücken des rechten Flügels, da kommt was auf uns zu. Die einseitig gesteuerte Informationspolitik sollte zu denken geben, einfache Erklärungen werden eben dankend angenommen.

Und genau hier sollten wir ansetzen: Europa braucht mündige Bürger und echte Werte. Das Wort Zeitenwende sollte endlich offen angesprochen werden, so Corinna Milborn. Als Europäerin durch und durch findet sie nicht alles super, es gibt viele offene Baustellen. Die Errungenschaften dürfen wir nicht wieder aufs Spiel setzen.      

 

Text: Thomas Winkler

Fotos: Europäische Kommission / Moni Fellner