Europa : DIALOG mit ...
Mathilde Schwabeneder
„Europa ist für mich ein einzigartiges Projekt“ (Mathilde Schwabeneder)
Dankbarkeit für den Frieden. Dankbar, in der EU zu sein. Mit einem sehr emotionalen Einstieg überrascht Mathilde Schwabeneder das Publikum im Haus der EU. Überhaupt – die Jugend ist sich der Annehmlichkeiten des gemeinsamen Europas in vielen Belangen gar nicht bewusst. Vieles ist zu selbstverständlich. M. Schwabeneder schwelgt in Erinnerungen an vergangene Zeiten. Italien, Vatikan, Malta- das ist ihr Revier, das sie für den ORF betreut. In ihrer Studienzeit war alles anders. Spannend, ein klein wenig kompliziert, eben anders als heute. Sie hat in Rom studiert, Sprachen waren ihre Leidenschaft. Erasmus sei Dank, hat die engagierte Publizistin bereits in jungen Jahren unvergessliche Erfahrungen gesammelt, bis sie letztlich selber an der Uni unterrichtet hat. Vieles hat sich geändert. Doch Europa hat an Elan verloren. Freiheit. Friede. Solidarität. Die einstige Ideologie wirkt fast wie ein sehr theoretisches Gebilde, die Realität hat uns eingeholt. Mehrsprachigkeit sollte Standard werden. Rein, um besser kommunizieren zu können und andere Kulturen zu verstehen. Dann wäre vieles einfacher, so Schwabeneder. Kommunikation bedeutet Austausch bedeutet verstehen. Eigentlich logisch.
Dreigestirn: Merkel, Hollande und Renzi
Europa steht auf dem Prüfstand. Sicherheit, Wirtschaft, Migration – und neue Perspektiven. Diese Themen stehen im Mittelpunkt der Diskussionen rund um eine EU, die im Reformstau steckt. Im Hintergrund brodelt es: Ministerpräsident Renzi hofft, Italien nach einer hartnäckigen Rezession wieder zurück ins Rennen zu bringen. In der Flüchtlingsfrage fühlt man sich alleine gelassen – wie auch in anderen Belangen. Es begann um 2007, mit der Wirtschaftskrise. Und dem Berlusconi. Er und sein Medienreich waren omnipräsent und dabei stets für Überraschungen gut, auch wenn es ein Knaller in der Boulevard-Presse war. Das politische Zweikammersystem reagiert äusser träge, es war gedacht, um ein totalitäres Regime zu verhindern, die Nebenwirkungen jedoch sind nicht zu übersehen. Verbitterung ist erkennbar, der 4. Dezember könnte neue Wege eröffnen – Renzi jedenfalls hat sich Reformen auf seine Fahnen geheftet. Ob`s was wird ist eine andere Sache, prinzipiell sind Italiener glühende Europäer. In der Politik ist reichlich Populismus erkennbar, ein Trend, der sich quer durch Europa erstreckt. Zu Tode sparen ist eben nicht geeignet, die Wirtschaft anzukurbeln. Überhaupt – die politische Landschaft ist zerklüftet. Mitte-Rechts und viele Randgruppen garantieren Unvorhersehbarkeit, die Mafia scheint die einzige Konstante zu markieren. Die messerscharfen Beobachtungen Schwabeneders stimmen nachdenklich.
Dramatische Szenen rund ums Mittelmeer
Es war in den 90er, als ein paar Männer auf Lampedusa landeten. Bleiben konnten sie nicht. Mit ein paar Lira und vielen herzlichen Wünschen der Italiener zogen sie weiter. Es sollten noch viele kommen. Die Migrationswelle hat Europa erfasst – Italien alleine kann es nicht schaffen, ähnlich ist es mit Griechenland. 366 Tote von 500 Passagieren – Menschen brannten wie Fackeln. Die Flucht fordert hartnäckig ihren Tribut – Schlepperei ist ein lohnendes Geschäft. Für Afrikaner beginnt das Desaster mit der Sahara – ja, auch der Klimawandel mit folgender Dürre verursacht eine Flüchtlingswelle. Italien ist überfordert, wen wundert`s, es braucht effiziente Strukturen. Heute prägen Migranten das Bild in den Metropolen, Integration hält die Maschinerie auf Trab. Rumänen, Albaner, Marokkaner beleben unauffällig die Szene, nur mit der Aufteilung über Europa hat es seine liebe Not. Solidarität sieht anders aus, auch wenn viele Wirtschaftsflüchtlinge dabei sind. Der Druck aus dem Süden wird zusehends stärker, die Entwicklung Afrikas fällt auch in den Verantwortungsbereich der EU. Mathilde Schwabeneder bringt es klar auf den Punkt. Immerhin, die Stimmung im Süden ist freundlicher als im unterkühlten Mitteleuropa, irgendwie hat sich die Willkommenskultur von Mutti Merkel nicht ganz durchgesetzt.
Der Vatikan als Teil Europas?
Die Zeiten ändern sich. Was der Vatikan lange Zeit sehr italienisch geprägt, so sind globale Tendenzen klar erkennbar. Das beweisen zahlreiche und sehr plakative verbale Auffälligkeiten bis hin zum Karnickel-Sager, der den Vertretern der Gattung noch heute in den Ohren dröhnt. „Kämpft`s um Eure Rechte“, so könnte man die Botschaft verdeutlichen, die zu vernehmen ist, die römisch-katholische Kirche gewinnt an Image, wirkt jugendlicher, als noch zuletzt. Dazu kommt, dass Europa Zuwanderung braucht, alleine wegen der Wirtschaft, um den Lebensstandard zu halten, von Verbesserung reden wir an dieser Stelle nicht. Flüchtlinge gelten als Wirtschaftsfaktor, der mehr als Schlepperei beinhaltet, das Spiel ist komplex. Der Euro bleibt den Italienern erhalten, davon ist Schwabeneder ziemlich überzeugt. Vermutlich auch die Mafia, die untrennbar mit Italien verbunden ist. Toleranz ist gefragt. Die EU ist für alle da…
Fotos: Europäische Kommission / Leon Colerus Text: Thomas Winkler |