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Peter Fritz

 

Europa : DIALOG mit ...

 

Peter Fritz

 

„Europa ist für mich ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Aber wenn man wüsste, wie es ausgeht, bräuchte man auch kein Experiment.“ (Peter Fritz)

 

Peter Fritz und Benedikt Weingartner 

 

60 Jahre „Römische Verträge“: 2017 ist es so weit. Und es trifft uns alle hier in Europa. Peter Fritz, ORF-Korrespondent in Brüssel, analysiert gemeinsam mit Benedikt Weingartner die Trends und Entwicklungen in der Europäischen Union. Es geht um ein Zusammenwachsen einzelner Nation in deren Gesamtheit, ohne jedoch zu wissen, was dabei herauskommt. Wüsste man es, wäre es schliesslich kein Experiment. Als „Westeuropäische Angelegenheit“ mit einer klaren Trennlinie Richtung Osten und einem starken Kern aus Deutschland und Frankreich, bezeichnet Fritz das Projekt Europa, in dem es keine Erfolgsgarantie gibt. Das „Imperium“ scheint „overstretched“, wie selbiger es tituliert: Was hat es damit auf sich?  Marokko jedenfalls liegt nicht in Europa, der Beitritt in den Staatenbund kommt nicht in Frage. Doch was ist mit der Türkei? Was passiert hinter dem Ural?

 

Peter Fritz

 

Es knirscht im Getriebe

 

Brüssel. Straßburg. Unterwegs und stets dabei – kein Wunder, dass Fritz die Gepflogenheiten in der EU bestens kennt. Ein fixer Kalender, Rat für Umwelt und für was-auch-immer, Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter, Interessensausgleich der Mitgliedstaaten, zu berichten gibt es immer was. Dazu die Kommission als „Expertenregierung“ und Hüterin der Verträge. Kein Wunder, der „Moloch Brüssel“ ist für den Normalverbraucher ein ewiges Geheimnis, das Wort „Wanderzirkus“ steht im Raum. Was die Berichterstattung betrifft: Die Redaktion in Wien entscheidet, was kommt und was nicht, das ORF-Büro Brüssel kann wie andere Auslandsbüros nur Themenvorschläge machen. Ähnlich komplex wie die Berichterstattung ist Brüssel selbst. Bei aller Transparenz, die Fortschritte in einzelnen Positionen sind für Aussenstehende nur sehr bedingt erkennbar ist: Hierarchien und Abläufe dominieren das Tagesgeschehen. Es zählt das Protokoll. Das Europäische Parlament selbst kann nichts in die Wege leiten, das ist Sache der Kommission, nur die kann neue Dinge auf die Schiene bringen, die jedoch erst abgesegnet werden müssen: Der Instanzenweg mutiert zum Hürdenlauf, es allen recht zu machen ist nicht immer einfach. Gut Ding braucht reichlich Weile.

 

Peter Fritz 

 

Ehrliche Politik braucht Transparenz

 

28 Staaten stellen 749 Abgeordnete. Die Fraktionen sorgen für eine breite Meinung mit einem noch breiteren Spektrum einzelner Ideologien, die sogar europakritische Elemente repräsentieren. Teils öffentliche Tagungen sind nur ein Teilaspekt, Lobbyisten lauern hinter jeder Ecke, um sich entsprechend einbringen zu können. Es werden alle Register gezogen, das Interessengeflecht erschwert die Entscheidungsfindung: Journalisten werden ebenso hofiert wie Kommissäre, die Konzerne buhlen um Gehör. Unterm Strich ist eine Menge Detailarbeit zu verrichten, dazu die Trophäenjagd der Minister, die ja wieder gewählt werden wollen. Juncker und Schulz geben ein starkes Team, der Brexit wir noch spannend. Vielleicht sollten wir einfach darüber hinwegsehen und tun, als ob nichts wäre – die Austrittsverhandlungen könnten nämlich schwieriger ausfallen als die Beitrittsverhandlungen: Da haben uns die Briten was angetan. Und überhaupt: Entscheidungen aus Brüssel müssen zuhause auch umgesetzt werden, sonst nämlich funktioniert das Spiel nicht, kurzum: Politik ist ein vertracktes Ding, bei dem alle ran müssen.

 

Peter Fritz

 

Krisen dominieren Tagesgeschehen

 

Griechenland, Brexit, Flüchtlinge. Und jetzt ein Trump, der alles auf den Kopf stellt. Mit Transparenz alleine ist es nicht getan. Mit Standardantworten ist es ebenso wenig getan wie mit hohlen Floskeln, die Menschen wollen Fakten, wir vertragen die Wahrheit. Die NATO als unbestrittenes Hauptargument für viele Mitgliedstaaten ist irgendwie nachvollziehbar, der Friede ist oberstes Ziel, Probleme gibt es ohnehin genug. Grossbritannien war bislang ebens wie Österreich ein Nettozahler, demgegenüber Schottland in der Rolle des Netto-Empfängers. Die Unterscheide sind enorm, Prioritäten sind unumgänglich, alles unter einen Hut zu bringen ist nahezu unmöglich. Wie gesagt, so Fritz, das mit dem Brexit war nicht so gemeint wäre ein denkbarer Ansatz, oder wollen wir die Errungenschaften der Vergangenheit riskieren? Europa braucht Europäer, die sich zu Europa bekennen, nur wenn alle an einem Strang ziehen kann es klappen. Wohl gewählte Worte alleine sind zu wenig, es braucht Taten.

Friede ist nicht selbstverständlich, die erforderliche Trendwende dürfte schwierig werden: Die Wunschfee der Union hat viel zu tun. Doch da ohnehin alle die gleichen Wünsche haben, kann es nicht so schwer sein, diese zu erfüllen. Wenn`s mit der Solidarität auch so einfach wäre …   

Fotos: Europa DIALOG / Moni Fellner

Text: Thomas Winkler

 

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