Europa : DIALOG mit ...
Thomas Mayer
„ Europa ist für mich …. ein Rätsel …“ (T. Mayer)
30 Jahre mitten drin. Die Rede ist von Thomas Mayer, Standard-Frontman in Brüssel. Das ist eine lange Zeit, und so ist es nicht verwunderlich, dass Fakten, Ereignisse und Entwicklungen in ziemlich kompakter Form abgearbeitet werden, ohne dabei relevante Positionen auszulassen. Der EU-Beitritt Österreichs war zum Zeitpunkt des Falles des Eisernen Vorhanges eine beschlossene Sache, wie zu vernehmen ist: Was weiss T. Mayer, was wir nicht wissen? Der kulturelle Reichtum des Europas ist nur eine Komponente. Daneben gibt es reichlich viele Kriegsschauplätze. Doch immer der Reihe nach.
Viel Politik und Hass in der Gesellschaft
Es war 1989, als der Mayer, aus rein beruflicher Neugier, in die Rolle eines Schleppers schlüpfte. Nicht um damit Geld zu verdienen. Nein. Viel mehr darum, um Hintergründe zu erforschen, und darüber berichten zu können. Acht Erwachsene und 6 Kinder waren es, die er über die Grenze schleuste, es waren aufreibende Momente. Grenzen schränken ein, und Mayer erinnert sich an die Hilfsbereitschaft vor Ort. Damals. Heute sieht es anders aus, das Wort Flüchtlinge kann mittlerweile niemand mehr hören. Damals wurden sie mit offenen Händen empfangen. Das Mörbisch-Abenteuer bleibt unvergesslich, doch die Entwicklung war vorhersehbar, zumindest für Jean-Claude Juncker.
Wir hätten es wissen müssen
2013 waren die ersten Anzeichen nicht länger zu übersehen. Unheil kündigt sich an, wir sind mit offenen Augen ins Desaster gelaufen. Während Frankreich und oft auch die Briten agieren wollten, haben unsere Vertreter einmal mehr gemauert, unter dem Vorwand der Neutralität. Die Regierung ist umgestellt, doch einmal mehr sind Probleme zu befürchten. Junckers Agenda war nicht zu schaffen, er war mit Griechenland zu sehr beschäftigt. Cameron, der störrische Brite, hat mehrfach Probleme gemacht. Was also hätte Juncker machen sollen? Die Griechen haben immer gelogen, so Mayer, der sagt, was andere denken. Europa ist ein komplexes Gebilde. Und: Die Turbulenzen kommen von aussen, die Euro- und Staatenkrise ist zu uns herübergeschwappt, aus den USA. Dort hat das Unheil begonnen, mit Turbulenzen in der Immobilien-Landschaft. Die schwächsten am Kontinent hat`s getroffen, das Unheil nahm seinen Lauf. Ein zu grosser Finanzsektor in Irland, Schulden in Griechenland. Pardauz.
Europäische Schönwetter-Solidarität?
Der Grexit wäre einfach gewesen. OK. 10 Millionen Griechen hätten ein ernstes Problem gehabt. Die Vernunft hat gesiegt, trotz aller Turbulenzen. Nationale Egoismen verursachen Störgeräusche, Besonnenheit ist gefragt, speziell angesichts der rechtspopulistischen Aspekte. Nur ganzheitliche Lösungen bringen Europa weiter, und diese erfordern mehrdimensionale Ansätze unter Berücksichtigung der gnadenlosen Timeline: Wir müssen aus der Geschichte lernen, das Lob für Juncker ist klar erkennbar. Zudem, die Briten haben schon mehrfach Ärger gemacht, das Pfund ist schon mal abgestürzt, so die Botschaft von T. Mayer an die Euro-Gegner. Kritik dafür an J.M. Barroso, der aus Sicht von Mayer restlos überfordert schien. Vieles ist verhandelbar, es geht zu wie im Gemeinderat von Mistelbach, so der wenig schmeichelhafte Vergleich von Mayer, der mit dem Brauchtum hinter den Kulissen sichtlich bestens informiert ist. Was meint er damit? Schröder jedenfalls hat den Polen 500 Millionen zugeschanzt, die anderen wollten die Balten drinnen – alles ist verhandelbar, wenn`s einer zahlt. Möge sich jeder seine Meinung dazu machen, von wegen Kuhhandel.
Brexit: Kommt jetzt die nächste Krise?
Ein Projekt wie Europa braucht nicht nur Konsequenz, sondern auch Fingerspitzengefühl. Und dazu sollte man mit den Zusammenhängen vertraut sein, und wissen, wie der Laden tickt. Die Briten sind die zweitgrösste Volkswirtschaft im Bund. 6 Milliarden Nettozahler, Atommacht und sie haben eine solide Armee. Die Verhandlungen zum Brexit wären komplex, einfrieren vielleicht sinnvoll, Ungemach zeichnet sich ab. Könnte es sein, dass die Briten nur etwas mehr Zeit brauchen, um über die Konsequenzen nachzudenken?
Europäisierung. Globalisierung. Digitalisierung. Diese drei Elemente bestimmen unsere Zeit. Vielleicht sollten wir runter vom Gas, um nicht von einer Krise in die andere zu schlittern. Manche brauchen einfach Zeit, um Dinge und Umstände zu begreifen.
Text: Thomas Winkler
Fotos: Europäische Kommission / Moni Fellner
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