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Manfred Perterer

 

Europa : DIALOG mit ...

 

Manfred Perterer

 

„Europa ist für mich der faszinierendste freiwillige und damit friedliche Zusammenschluss souveräner  Staaten zu einer Gemeinschaft, deren Werte auf der Basis aufgeklärter, demokratischer Gesellschaften beruhen.“ (M. Perterer)

 

Manfred Perterer - Benedikt Weingartner in Europa : DIALOG

 

Ist Europa noch zu retten? Das war der Titel einer Veranstaltung im Salzburger Landestheater. Der zugegeben doch recht provokanten Titel sorgte dafür, dass dieses ausverkauft war. Bis auf den letzten Platz. Sichtlich geniesst es der Chefredakteur der „Salzburger Nachrichten“, die Polit-Akteure aufs Glatteis zu führen. Denn: Der Schlingerkurs Europas sollte zu denken geben, es ist ein Wechselbad der Gefühle. Krisen und nochmals Krisen, bislang haben wir die Kurve gekratzt. Doch die Selbstheilungskräfte Europas sind nicht unbegrenzt. Das sollten wir bedenken. Irgendwann ist Schluss mit lustig.


 

Brexit: Charmeoffensive gegen den Ausstieg

 

Fünf Vorschläge der Kommission werden von Junckers 6. Szenario getoppt. Die Player halten an ihren Prinzipien fest. Auch die Briten, obwohl die Folgen erst langsam in deren Köpfen Formen annehmen. „Huch, das wollten wir nicht“, scheinen uns die verdutzten Gesichter zu verraten. Also doch kein Brexit? Und: Wer wird den aufmüpfigen Briten folgen? Die Niederlande? Die nämlich sind den schrulligen Briten sehr ähnlich. Ist es der Osten? Und: Wie werden es die Briten verkraften? Was die Zukunft betrifft, so ist eine Union der verschiedenen Geschwindigkeiten denkbar. Wer schneller ist hat`s leichter, andernorts hakt es, Differenzen sind vorprogrammiert. Die Erweiterung Richtung Balkan ist ohnehin verpönt, aufgrund innerpolitischer Ungereimtheiten. Manfred Perterer bringt es ohne Umschweife auf den Punkt.

 

Manfred Perterer

 

„Battle Groups“ & Co.

 

Die Versuche der gemeinsamen Verteidigungsstrategie sind bislang gescheitert. Dann das Problem der Aussengrenzen. Dazu sehr unglücklich gewählte Bezeichnungen für an sich logische Projekte, die diplomatische Verstimmungen zur Folge haben. „Lager“ im Zusammenhang mit einer Menschenansammlung kommt nicht gut. Das musste sogar Benita Ferrero-Waldner erkennen, die mit diesem Sager einen heftigen Aufschrei verursacht hat. Weiters das sehr bunte Treiben der Geheimdienste. Es fällt das Wort Aktionismus, weitere sehr wenig schmeichelhafte Dinge werden genannt. Euro-Finanz- und Bankenkrise sind nicht vergessen. Migration und Brexit sorgen für Unwohlsein. Problemfelder gibt`s ohne Ende, einige der Länder sind aus rein machtpolitischen Gründen in der EU. Das Wort Terror steht im Raum. Speed kills. Der Fortschritt ist beschaulich.

 

Manfred Perterer im Dialog mit Benedikt Weingartner

 

Japan: Geschlossene Gesellschaft!         

 

2% Ausländer. Und täglich werden es weniger. Was macht Europa falsch? Japan setzt auf Roboter. In der Produktion. In der Pflege. Hier wird qualifizierte Zuwanderung proklamiert. Die Realität sieht anders aus, es kracht an allen Enden. Wegschauen gilt nicht. Das Ausländerszenario verursacht Unwohlsein angesichts der zahlreichen Zwischenfälle, da dürfen wir uns nichts vormachen. Weniger, aber effizienter scheint die Devise zu sein. Verteidigung. Migration. Sicherheit. Binnenmarkt. Es sollte allen klar sein, welche Punkte Priorität haben. Und: Juncker will mehr Geld. Kriegt er aber nicht. Sagt Kurz. Brüssel wird sparen müssen. Wir zahlen nicht immer! 

 

Perterer - Weingartner im Dialog

 

Österreichische Komplexe

 

Hierzulande fehlt es an Selbstbewusstsein. Das Gefühl, über den Tisch gezogen zu werden nervt. Deutschland und Frankreich als treibende Elemente bringen mächtig viel Zugkraft, uns fehlt es in diesem Punkt. Doch das ist sehr relativ, uns fehlt es an natürlicher Stärke. Der Motor stottert in Berlin, Macron kommt zum Zug. Mit der Allergenverordnung haben wir uns selbst geköpft. Das kommt hoffentlich nicht wieder vor. Überhaupt, was Beschlüsse betrifft, so werden die Begebenheiten sehr wohl berücksichtigt, siehe Traktorensitze. Die Ergonomie der Chinesen ist nur wenig hilfreich für unsere Landwirte. Es geht um Standards, die verträglich sind. Nur: Erst müssen wir uns auf Themen einigen, über die wir reden wollen. Das sollte entsprechend kommuniziert werden.     

 

M. Perterer

 

Knackpunkt Subsidiarität?

 

Maastricht. Dann Lissabon. Die Zuständigkeiten sind geklärt, so scheint es. Die Kommission schlägt vor, es folgen Parlament und Rat, dann könnte die Sache durch sein. Sogar die österreichischen Landtage können mitmischen, nur scheinen die Staaten überfordert zu sein. Es gibt nämlich reichlich Zoff deswegen, jeder interpretiert die Dinge anders. Sind Salzburger bessere Europäer? Sie hatten deutsches Fernsehen, noch vor dem Osten. Der Eiserne Vorhang war weit entfernt. Und der Tourismus! Das schafft Vorsprung. Das Weltbild scheint wesentlich europäischer geprägt zu sein als andernorts. Das Verhältnis zu den europäischen Strukturen ist sichtbar besser entwickelt. Krisen? Doch nicht in Salzburg! Da sind Spitzenleute im Spiel!

 

 

Komplexes Thema: Brüssel

 

Die Berichterstattung über Europa ist wenig sexy. So Perterer. Der tägliche Kampf ums Thema in der Redaktion ist mühsam. Das braucht Durchhaltevermögen. Auch der Journalist will leben, doch die Redaktion schaut aufs Geld. Vielleicht liegt es gerade daran, dass es kein europäisches Medium gibt, und nur nationale Berichterstatter? Klar. Diese schreiben für das Heimpublikum. Die Salzburger Nachrichten haben ständige Korrespondenten vor Ort. Die Konkurrenz hat 50 Leute im Sport, und niemand ist in Brüssel. Doch es wird garstig geätzt. Die Leserschaft bestimmt die Ausrichtung. Mitunter ist Hopfen und Malz verloren, so jedenfalls scheint es. Die Salzburger sind bekennende Europäer, und das ist gut so.

 

Sozialer Friede als Grundvoraussetzung

 

Voraussetzung für kontinuierliche Entwicklung ist sozialer Frieden. Ausgrenzung bringt Unruhe ins Land, man muss alle leben lassen. Das sollten sich die Verantwortlichen hinter die Ohren schreiben, das muss mal gesagt werden, da in diesem Zusammenhang Misstöne erkennbar sind. Am  Arbeitsmarkt jedenfalls ist Zoff vorprogrammiert, die Knackpunkte sind nicht zu übersehen. Sozialunion, Gleichmacherei: Hier ist einiges zu klären. Einfach wird`s nicht. Und nur drüberfahren kann es auch nicht sein. Das Burgenland hat andere Lebenshaltungskosten als Tirol, Rumänien tickt anders als Wien. Das reicht für Knatsch. Die soziale Verträglichkeit ist Voraussetzung für Akzeptanz, Sozialdumping ist Sprengstoff für jede Gesellschaft. Mit 1-Euro-Jobs ist kein Hofstaat zu machen. Das muss auch die Politik verstehen. Die Ratspräsidentschaft bringt enorme Chancen, so Perterer, der zugleich vor einer übereilten Erweiterung warnt. Die Türkei-Frage verlangt Konsequenz.

 

Tatort Brüssel: Der Kommissar geht um …

 

Ein Kommissar der Europäischen Kommission hat`s nicht leicht. Er ist unabhängig, auch wenn er, wie Perterer erwähnt, nicht auf sein Heimatland vergisst. Damals hat Fischler den Haider gerüffelt, das gab heftig Zoff. Überhaupt scheinen nur jene in Brüssel zu agieren, die zu Hause überflüssig waren: Hast du einen Opa, dann schick ihn nach Europa: „Haben`s Ihnen auch abgeschoben …“ so die gängige Floskel. „Brüssel Inside‘“ hat es in sich. Humorlosigkeit kann man den Papiertigern nicht vorwerfen. Abgeschoben nach Brüssel hat sich als hinterhältige Anekdote neidischer Politiker herauskristallisiert. Apropos, Lob auch für Ernst Strasser, der sich auf Allianzen verstand. Irgendwie scheitert Brüssel an der Kommunikation. Perterer spricht wenig schmeichelhaft von einer autistischen Veranstaltung. Naja, Unterhaltungskanonen sind unsere Politiker sicher nicht, sie wirken reichlich isoliert. Die sprachlichen Hürden sind nicht zu unterschätzen. Mozartkugel. Lipizzaner. Österreich hat mehr zu bieten!

Friede. Soziale Gerechtigkeit. Wohlstand. Freiheit. Rechtsstaatlichkeit. Die demokratische Wehrbereitschaft muss gestärkt werden. Wir müssen ein neues Wohlwollen zu Europa entwickeln!

 

Fotos: Europa DIALOG / Moni Fellner

Text: Thomas Winkler