Europa : DIALOG mit ...
Kathrin Zechner
„Europa ist für mich ein lebendiges, sich stetig veränderndes Miteinander, erschaffen von Menschen im Streben nach mehr Verbindung als Abgrenzung, mehr Offenheit als Gegeneinander. Ich bin Europäerin – das ist meine Heimat, Teil meiner (Werte-) Basis und bleibt es – hoffentlich auch weiterhin – für meine Kinder.“ (K. Zechner)
Kathrin Zechner und der ORF gehören untrennbar zusammen: Der Name ist Programm, um es auf den Punkt zu bringen. Und Fernsehmachen ist eine enorme Herausforderung: Knappe Budgets, Senderechte und komplexe Hierarchien machen es ganz schön anstrengend, ein adäquates Programm zusammen zu stellen. Doch immer der Reihe nach: Ob ECO, Weltjournal, Dokus und aktuelles Programm – die Ressorts sind bestens organisiert und ebenso etabliert. Die EU nimmt eine wichtige Position ein. Es geht darum, Europa in seiner Ganzheit begreifbar zu machen. Wir sind in Europa – mittendrin – die EU gehört zur Innenpolitik. Punktum.
Neugierde wecken – Europa entdecken!
Wirtschaftliche Expansion dominiert das Tagesgeschehen, Geldwechsel war gestern. Wir stehen vor enormen Herausforderungen, als Teil von Europa sind wir mit teils sehr unterschiedlichen Traditionen, Kulturen auch Strukturen konfrontiert. Sprachen verbinden – wenn man diese beherrscht. Doch genau in diesem Punkt machen sich Barrieren bemerkbar. Mehrsprachigkeit macht sich bezahlt – um fremde Denkmuster, ebenso wie Ängste und Sorgen, aber auch Ideologien und Visionen anderer Menschen verstehen zu können. Was machen die illustren Franzosen? Warum wird wieder gestreikt? Und worauf wollen die sehr eigenwilligen Briten hinaus? Und erst der Osten mit seinen ganz eigenen Strukturen: Ohne Sprachen geht es nicht, ohne Sprachen kein Dialog. Den Anderen zu begreifen ist das Ziel. Mehrsprachigkeit ist ein Geschenk. Kinder, lernt`s Sprachen. So Kathrin Zechner. Und die muss es wissen.
Chancen hinter jeder Ecke!
Auslandserfahrungen zählen in der Gesellschaft von heute mehr denn je. Sprachen dürfen keine Barriere sein – es gibt viel zu entdecken. Europa ist echt gross – der Umgang mit neuen Menschen eröffnet neue Horizonte. Und Chancen, privat wie kommerziell. Doch es braucht Mut und Offenheit, um Chancen zu nutzen. Neugier ist eine Tugend! Das gilt auch für den Rundfunk: Koproduktionen sind an der Tagesordnung, doch Nationalismen trüben das Bild. Gedreht wird in der jeweiligen Sprache, dann wird synchronisiert. Und das macht`s mächtig teuer. Während in Deutschland teils irre Budgets im Raum hängen, dominiert in der Alpenrepublik der Rotstift, komplexe Instanzenverfahren machen`s dazu richtig kompliziert. Da darf es nicht verwundern, wenn neue Konzepte eine längere Reifezeit haben. Umso wichtiger ist Kreativität. Die ausländischen Rundfunk-Kollegen jedenfalls bewundern den ORF, was dieser mit vergleichbar mickrigen Budgets so auf die Beine stellt. Kontakte zahlen sich eben aus. Vertrauen spielt eine grosse Rolle, gerade auch bei grossen Projekten. Zechner`s Stolz ist nicht zu überhören – er ist berechtigt!
Mit Selbstironie punkten …
Erst die Piefke-Sage. Jetzt die Vorstadtweiber: Es muss nicht immer Krimi sein. Soko Leipzig, da und dort – Kommissäre sind nicht alles im Leben. Zechner liebt Komödie, und die hat Tradition im Land. Mit Selbstironie und Witz ist gutes Programm zu machen, das Publikum will unterhalten werden. Österreichische Elemente bereichern die Palette, Autorenfilme, Dokus und Hintergrundberichte bilden einen gelungenen Mix rund um den Mainstream. Innovation und Nachwuchsförderung sind ebenso Pflicht wie Mainstream-Kino, neue Trends fordern neue Formate. Leider, so Zechner, sind die Fördertöpfe reichlich knapp bemessen, die überschaubaren Summen wollen effizient verwendet werden. Das braucht Fingerspitzengefühl: Lob für die Kreativität der Mannschaft, die trotz der sehr komplexen Strukturen eine gute Figur abgibt.
Mit Wissen gegen Vorurteile
Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und jetzt die Flüchtlingswelle fordern ihren Tribut: Die aufkommenden Ängste in der Gesellschaft sind nicht länger zu verschweigen. Geld, Status, Armut – wir haben viel zu verlieren. Umso wichtiger ist es, die Menschen von nebenan näher zu kennen und Vorurteile abzubauen, so Zechner. Mit Background-Dokus will sie dieser Problematik begegnen, aus fremden werden Freunde. Zechner hofft, der hyperventilierenden digitalen Welt einen soliden Gegenpol zu bieten, sie setzt auf bodenständige Werte. Wahrheit ist gefragt, Fakten zählen. Kommentare sind eine persönliche Sache. Die Fehlerkultur hat Tradition, wenn wo was daneben geht: Es wird korrigiert. Fehler sind menschlich. Vom Elfenbeinturm zu urteilen, ist Zechners Sache nicht, sie verschafft sich lieber ein solides Gesamtbild. Und diese Devise gilt auch für die Mannschaft. Gehorsam gegen einen übermächtigen Landeshauptmann spielt`s nicht, den Scheiterhaufen-Sprüchen aus verschiedenen Ecken kann Zechner nichts abgewinnen. Umso mehr hofft sie auf die gute Fee, die in den Köpfen der Europäer eine neue Welle der Neugier auf neue Begegnungen erweckt. Drei Wünsche hätte sie frei, doch Zechner gibt sich bescheiden.
Text & Fotos: Thomas Winkler |