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Christian Nusser

 

Europa : DIALOG mit ...

 

Christian Nusser

 

„Europa ist für mich eine tägliche Herausforderung, eine Reibebaum, eine Friedenshoffnung, ein Kontinent auf Identitätssuche, eine Selbstverständlichkeit für die jüngere Generation.“(Christian  Nusser)

 

Christian Nusser und Benedikt Weingartner in Europa : DIALOG

 

Der Chefredakteur der Tageszeitung „Heute“ ist sehr, sehr kritisch. Er hat, gemeinsam mit Bundeskanzler und Sozialminister, den Sozialgipfel der EU besucht. Es ist das erste Gipfeltreffen dieser Art seit 20 Jahren. Das Thema waren auffallend viele Trivialitäten. Dinge, die ganz einfach selbstverständlich sein sollten und zum Teil auch sind, wurden fixiert. Recht auf Bildung, um nur einen Punkt zu nennen. Auffallend auch, dass Merkel fehlte, die hatte mit Jamaica alle Hände voll zu tun. Nur: Es wurde nicht einmal ein Delegierter gesichtet. Es ging um Basics. Nicht mehr. Und nicht weniger. Immerhin, Rat und Parlament haben sich geeinigt, das sehr theoretische Bekenntnis beginnt Formen anzunehmen. Zumindest in den Köpfen der Verantwortlichen. Über die Praxis reden wir erst gar nicht. 

 

Christian Nusser

 

Sozial-Charta: Ein raschelnder Papiertiger?

 

Ebenso wenig, wie die verbindliche Umsetzung genannt wird, sind Sanktionen in Sicht. Es geht um die erforderliche Kompetenz. Alle sind auf Lorbeeren aus, nur mit der Verantwortung ist es eine Sache, es ist keine klare Linie erkennbar. Der Trend geht zur nationalen Ebene, Politiker wollen es nicht, wenn man deren Zuständigkeiten schmälert. Brüssel ist ohnehin immer schuld, wenn`s kracht, das hat Tradition. Der Sozialgipfel jedenfalls war ein Versuch, ein Bekenntnis zur europäischen Kompetenz zu erreichen, zumindest in dieser Angelegenheit. Denn: Im Bereich Umwelt und Klima betrifft es sehr wohl nationale Agenden, so Nusser. Und bringt Glyphosat ins Spiel. Das geht schliesslich nur uns was an, was die Verwendung hierzulande betrifft. Doch kein Wort darüber, dass Umweltschutz keine Grenzen kennt.

 

Christian Nusser bei Benedikt Weingartner

 

Inszeneriung: Mangelhaft!

 

Nusser ist grosszügig, was Kritik betrifft. Er erkennt eine ganze Szenerie verschiedenster Wege, nur eines sieht er nicht: Den gemeinsamen Nenner. Auch wenn wir keine grosse Nummer abgeben, so ist Österreich als zuverlässiger Partner anerkannt und gerne gesehen, auch wegen der Fähigkeit, gut vermitteln zu können. Doch zum Leader reicht es nicht. Wir können eben nur dazu beitragen, dass das Projekt Europa zum Erfolg wird. Und das reichlich. Mit anderen Worten: Brüssel ist unfähig, so Nusser, das Grosse zu entscheiden, aber unheimlich schnell, wenn es darum geht, jede Kleinigkeit zu regeln und zu zerpflücken. Überhaupt, Nusser vermisst Transparenz, er sieht Schwächen in der  Inszenierung. Es kommen stets Fragmente an, zu viele banale Dinge werden reguliert, die Verordnungen kommen eruptiv und werden entsprechend belächelt: Bananen, Gurken, Traktorsitze. Wir warten auf den grossen Wurf. Nusser spricht von einer Tsunamiwelle an Informationen, und bemängelt den unsteten Kommunikationsfluss. Dabei gibt es  Aussendungen und Rundschreiben ohne Ende. Den angebrachten Diskussionsprozess vermisst er ebenfalls.

 

Christian Nusser über Europa ...

 

Sind die Medien überfordert?

 

Nach harscher Kritik an der aktuellen Kommunikationsstrategie der EU stehen die Medien im Rampenlicht. Sind diese einfach nur überfordert ob der Menge an täglichen Informationen? Aktiv kommunizieren, so Nusser, wäre angebracht. Schwer zu erfassen, zu wenig plakativ und Informationsflut, so sein Standpunkt, was Brüssel betrifft. Und: In seiner Rede zu Lage der Union, brachte J.C. Juncker genau zwei Dinge rüber: Die Erweiterung des Euroraums und die Erweiterung Richtung Restbalkan. Nusser wirft Juncker kommunikatives Versagen vor.

 

Mission Impossible: Klare Linie!

 

Inhalte sind gefragt. Nett, wenn diese in schönen Worte präsentiert werden. Hätte Juncker 8 Stunden geredet, wäre es aufgefallen. Hätte er nur einen Satz gesagt, wär`s aufgefallen. Aber so? Lob für die Rhetorik, Saures für den Inhalt, so könnte man die Aussage des Heute-Chefs auf den Punkt bringen, was Junckers Rede betrifft. Zudem Planlosigkeit ohne Ende. Ein diffuses Bild, so die weitere Botschaft. Autsch. Jetzt tut`s aber weh. Es ist schwer zu verstehen, was hinter der verspiegelten Fassade abgeht. Männer in grauen Anzügen geben Statements. Kurzum: Die Informationsstrategie ist komplett rüber. Nusser will Geschichten hören. Brüssel liefert keine Geschichten. Nusser: Er hätte es nicht anders gemacht. Nusser hat keine Lösung für das Problem Kommunikation. Brüssel ist und bleibt technokratisch.

 

Christian Nusser und Benedikt Weingartner im Talk über Europa

 

Kennzeichnung für Drohnen

 

Auch hier ist man als Journalist alleine gelassen. Viele Theorien über Flugverbotszonen und Gefahren. Wenn die Objekte grösser sind als ein Pizzakarton wird`s gefährlich. Naja, eine Pilotenlizenz wird man ja voraussetzen dürfen … damit es nicht gleich scheppert. Auch hier: Die Verantwortung wird hin und hergeschoben, wie so oft. Ja, Nusser traut der FPÖ zu, den Europakurs beizubehalten, eine „No-Na“ Aussage eben, frei übersetzt: Ich bin Mitglied. Mehr nicht. Immerhin, die Ratspräsidentschaft ist unsere Chance. Migrationszahlen sind nicht vorhersehbar, und ebenso wenig steuerbar. Die Folgewirkung der Migration ist sicher nicht unter Kontrolle, so viel ist klar.

 

Mehr. Noch mehr. Viel mehr!

 

Wie geht man mit den Menschen um, die wir im Lande haben? Wie sieht es mit der Bildung aus? Dann die ganz menschlichen Schicksale. Auch Flüchtlinge können traumatisiert sein. Österreich, und damit sind die Bürger gemeint, hat viel vollbracht. Doch immer gab es Tadel. Wir wollen: Mehr. Noch mehr. Viel mehr. Von Danke keine Spur! Das hinterlässt Spuren. Und macht auch den Österreicher ein klein wenig traumatisch. Überhaupt, eigentlich sollten wir die Ursache eruieren, und dort ansetzen. Afghanistan. Syrien. Afrika. Alleine schaffen wir es nicht. Hier müssen alle ran! Von der Bevölkerung Lösungen zu verlangen geht nicht, da herrscht Einigkeit. Sich anheulen bringt`s auch nicht.

Was Nusser gern hätte? Er will das Friedensprojekt Europa beibehalten, wir dürfen die Wertschätzung dafür nicht verlieren. Und er hofft auf eine grössere Form der Solidarität. Denn aus seiner Sicht driftet die Europäische Union auseinander. Zumindest was das betrifft herrscht Einigkeit.     

 

Foto: Europa : DIALOG / Moni Fellner

Text: Thomas Winkler